Es war vor langer, langer Zeit, als sich die Füchse am Rande des Waldes noch gute Nacht wünschten.
Gerade zu dieser Zeit saß Sabinchen vor der elterlichen Hütte auf einer Bank. Sie schaute dem Sonnenuntergang zu. Es war der Moment, als die Sonne den Erdboden zu berühren schien, als sie wiederum tief seufzte.
„Ha, ha“- kicherte der Waldkobold: „ Ich habe da einen guten Rat“. „Kämme deine Haare, lasse sie im Winde flattern wie die königlichen Fahnen im Wind“. „Und wenn der König wieder zur Jagd an eurer Hütte vorbei reiten wird, sieht er dich, hält an und nimmt dich dann mit auf sein Schloss“. Gesagt - getan. Sabinchen kämmte sich ihre Haare und saß Abend für Abend vor dem Hause, um den König abzupassen, der nun wieder mal zur Jagd reiten sollte. Und richtig. Eines Abends hörte sie von weiten den Hörnerklang, der die Jagdgesellschaft ankündigte.
Schnell noch mal die Haare gekämmt und dann vorm Hause auf den Königsohn warten. Immer näher kam die Jagdgesellschaft und man soll es nicht glauben! Mitten aus der Reiterschar kam der Königsohn auf sie zu und sprach: „Was zu trinken, aber schnell“!
Sofort brachte Sabinchen den Wasserkrug, den der Königsohn mit einem Zug leerte.
Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, wendete er sein Pferd und ritt mit der ganzen Meute von dannen.
Allein stand sie nun da – ganz allein. Nur die Grillen zirpten in der vor Hitze flimmernden Luft und die gute alte Hummel flog brummend an ihrem Ohr vorbei in die sommerliche Wiese, um noch Honig zu sammeln. Gedankenverloren dachte sie noch an den jungen Königssohn, der nun gar nichts von ihr wissen wollte. Und wieder – als die untergehende Sonne die Erde zu berühren schien, stand der Waldkobold vor ihr und lachte aus vollem Halse.
„ Ha, ha, ha, ha - hat er dich nicht genommen“? „Nein“? Und prustete vor Lachen: „Ha, ha, ha, du musst doch nicht alles glauben, was ein Kobold sagt“. Und wieder hallte seine Lachsalve über die Sommerwiesen, so, dass er sich beim Lachen auch noch verschluckte und krächzend rief: „ Schnell, ein Schluck Wasser, schnell“! Und auch ihm reichte Sabinchen den Krug. Auch der Waldkobold leerte den Krug in einem Zug, setzte den Krug ab und blinzelte verschmitzt als er sagte: „Ha, ha, solch Wasser lob´ ich mir“. „ Sag´ Sabinchen, woher hast du denn das Wasser“? „Komm mit“, sagte Sabinchen, „ ich will dir die Quelle zeigen.“ Da kann ich wenigstens jemanden eine Freude machen, dachte Sabinchen. Und so führte Sabinchen den Waldkobold an die Felsspalte, nicht weit vom Haus. Aus dem Felsgestein sprudelte glucksend ein Quell, hell und klar – voller Lebenskraft und Freude. Der Kobold beugte sich zur Quelle und trank gierig mit langen Zügen.
Und sprach: „Merke - dieser Quell bringt dir noch Glück“. Diesmal lachte aber Sabinchen.
Nein, zweimal wollte sie nicht darauf reinfallen, was der Kobold ihr vorhersagte.
Und weiter sagte er: „Jetzt will ich dir auch was zeigen“. Sprach´s und führte sie an den Waldesrand.„Hier“, sagte der Kobold und wies mit seiner kurzen Hand auf einen Pilz. Ja, aber wie ein Pilz sah das gar nicht aus. An einer Birke wuchs, gleich einem abgebrochenen Tonteller etwas aus der Birke heraus. „Und was soll ich damit anfangen“?, fragte Sabinchen ungläubig. „Warte nur ab“. Mit einem schnellen Handgriff brach er den Pilz von des Baumes Rinde. „Hier“, sprach er, nimm, trockne ihn“ und erzählte ihr, wie der Pilz zu nutzen wäre. Immer noch ungläubig den Kobold ansehend, wollte sie noch weitere Fragen stellen. Aber plötzlich, wie vom Erdboden verschluckt, war der Kobold wieder verschwunden.
Es verging kein Monat, als plötzlich wieder die Reiterschar, mit dem Königssohn an der Spitze, auf ihr Haus zu ritt. Schnell kämmte sie wieder Ihre langen blonden Haare. Stand vor der Hütte und wartete, dass der Königssohn mit seinem Gefolge auf sie zukommen wird. Doch, was war das? Zirka 100 m vor ihrer Hütte schwenkte die Schar ab und ritt zum nahe gelegenen Wald. Der Hörnerklang der Jagdgesellschaft verstummte langsam mit zunehmender Entfernung.
Enttäuscht setzte sie sich wieder auf die Bank vor ihrem Häuschen Der Wind säuselte leise in den Blättern und in der Ferne trällerte eine Nachtigall.
Im abendlichen Rot versank wieder die Natur. Die Bäume des nahen Waldesrand verwandelten ihre Gestalt in schemenhafte Umrisse. Und doch war es ihr, als ob artfremde Geräusche, dieses sich abzeichnende Dunkel, zu durchdringen schienen. Zögernd stand sie auf, den Blick auf das Dunkel des Waldes gerichtet und immer näher kamen die Geräusche.
Schritt für Schritt näherte sie sich dem Wald. Den Wald erreicht, schob sie vorsichtig die Äste der Tanne zur Seite. Da bot sich ein entsetzliches Bild. Auf dem Boden lag schwer verletzt der Königsohn, daneben die tote Wildsau. Offensichtlich ein schwerer Jagdunfall.
Schnell ging es zum Handeln. Aus der Hütte holte sie einen Krug Wasser und ein Pulver. Hurtig wurde der Königsohn verbunden und ein frischer Trank mit dem Pulver ließ den Königsohn in einen ruhigen Schlaf fallen. Die ganze Nacht wachte das Mädchen neben dem Königsohn. Als die Morgensonne einige Strahlen durch das Tannendickicht schickte, wachte der Königsohn auf, schaute verwirrt in die Runde mit der Frage: „Wo bin ich“?
Ehe Sabinchen die Frage beantworten konnte, sprang der Königssohn auf, griff nach dem Zügel seines Pferdes und sprach: „ Angepackt“! „Die Sau auf mein Pferd“!
Zu zweit war die Sau schell auf dem Rücken des Pferdes verstaut und ebenso schnell wie der Wind ritt er von dannen.
Aber es verging keine Woche, als plötzlich wieder vor der Hütte königliche Reiter hielten. „Sag, der Königsohn schickt uns“. „Warst du es, der sein Leben rettete“? „Er will dich sofort sehen“. Und als Sabinchen sich anschickte den Reitern zu folgen, da erschien der Königsohn selbst und sprach: „ Du hast mir das Leben gerettet“. „Meine Familie hat meine Wunden gesehen, die du über Nacht geheilt hast“. „Ich habe sehr, sehr großes Glück gehabt“. „Ja“, sagte das Mädchen, „das hast du ihm zu verdanken“ und wies glücklich lächelnd mit ihrer Hand auf den Pilz. „Glück mit Pilz“ - und mit dir“ ergänzte der Königsohn. „Es ist so gut, dass beides mich wieder zu dir zurückgeführt haben“. „Das ist wahres Glück“. Er sah das Mädchen freundlich an und tief in ihre blauen Augen. Verzückt rief der Königssohn laut über die Wiesen und sprang vor Freude wie das besagte Rumpelstilzchen vor der Hütte hin und her: „Ich habe das Glück gesehen, ich bin der Glückspilz“. Immer und immer wieder sah er in die blauen Augen von Sabinchen. Ihr Haar flatterte im abendlichen Sommerwind. Lebenskraft, Schönheit und die Frische des Lebens – das war es, was sie außerdem so anziehend machte. Er konnte seinen Blick nicht von ihr wenden. So standen sich die beiden gegenüber und schauten sich liebend in die Augen.
Selbstverständlich gab es auch das Hochzeitsfest.
Und auch später sorgte sie mit dem Pilz nach den Rezepten des Waldkobolds für eine gesunde Familie und vergaß dabei nicht, allen anderen auch Gutes zu tun.
Lebenskraft und Wohlbefinden, Glück und Segen für die ganze königliche Familie und das Volk.
Ihre Kinder und Kindeskinder erzählten diese Geschichte weiter, bis ich sie eines Tages aufschreiben konnte und die Saga nun allen kund geben kann. In diesem Sinne bin ich auch ein Glückpilz. Ebenfalls die vielen anderen auf der Welt, die diese Geschichte nun auch weiter erzählen. Und mancher hat bereits über diesen Weg sein Glück, auch sein Wohlbefinden, Lebenskraft und die Frische des Lebens gefunden.